Glossar

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Das Allgemeine Gleichbehand­lungs­gesetz (AGG)

Natürlich ist Ihnen das AGG – zumindest in Grundzügen – bereits bekannt. Schließlich regelt es auch in Ihrem Unternehmen die rechtlichen Vorgaben zur Gleichstellung – im Prinzip Pflichtwissen für alle Personaler*innen. Doch obwohl es in der Theorie ganz leicht scheint, das Gesetz einzuhalten und niemanden zu benachteiligen, lauern in der Praxis einige Fallstricke, die man nicht immer auf dem Schirm hat.

Vor allem unglückliche Formulierungen in Stellenausschreibungen können Arbeitgeber zur Zielscheibe von „AGG-Hoppern“ machen. Diese suchen gezielt nach Anzeichen für eine angebliche Diskriminierung, um sich zum Schein zu bewerben und nach Ablehnung eine finanzielle Entschädigung geltend zu machen. Damit Sie sich davor schützen können, geben wir Ihnen im Folgenden einen Überblick über häufige Fehler und konkrete Lösungen an die Hand.

Was besagt das AGG?

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz – auch Antidiskriminierungsgesetz genannt – ist ein deutsches Bundesgesetz, das Benachteiligungen aufgrund

  • der Rasse oder ethnischen Herkunft,
  • des Geschlechts,
  • der Religion oder Weltanschauung,
  • einer Behinderung,
  • des Alters
  • oder der sexuellen Identität

verhindern und beseitigen soll. Es trägt dem Gleichheitsgrundsatz Rechnung, der in Artikel 3 des Grundgesetzes verankert ist. 

In der Gesetzesbegründung zum AGG hat der Bundestag ausdrücklich darauf hingewiesen, dass nicht alle Menschen in Deutschland die gleichen Chancen haben. Das Ziel des AGG, derzeitige Benachteiligungen zu beseitigen, ist daher umso wichtiger. Deshalb können ungerechtfertigt benachteiligte Personen nach dem AGG Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung durchsetzen. In Bezug auf das Bewerbungsverfahren bedeutet das allerdings keinen Anspruch auf das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses.

Sämtliche Diskriminierungen im Zusammenhang mit Beschäftigung und Beruf sind laut AGG verboten. Dazu zählen der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit, der berufliche Aufstieg, die Aus- und Weiterbildung sowie die Arbeits- und Entlassungsbedingungen. Da der Zugang zu einer Erwerbstätigkeit frei von Diskriminierung sein muss, sollten Sie bei all Ihren Maßnahmen zur Personalgewinnung und Ihrem Personalmarketing (z. B. Texten auf Ihrer Karriereseite und in Ihren Stellenanzeigen) ebenso wie bei Ihrem Auswahlverfahren auf die Gleichbehandlung aller Bewerber*innen achten.

Männlich, weiblich, divers – oder besser gleich geschlechtsneutral?

Unter anderem schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Frauen, Männer, intergeschlechtliche Menschen und Trans*Personen im Hinblick auf ihr Geschlecht vor Diskriminierung. Daher ist zum Beispiel im Vorstellungsgespräch die Frage nach der Familienplanung einer Bewerberin unzulässig. Darüber hinaus deckt das AGG auch die sexuelle Identität ab, also die Gleichberechtigung von Hetero-, Homo-, Trans- und Bisexuellen.

Dies hat weitreichende Konsequenzen für Ihre Arbeitgeberkommunikation: Achten Sie besonders in Stellenanzeigen darauf, dass Sie niemanden aufgrund seines Geschlechts diskriminieren. Bezüglich der Stellentitel ist es inzwischen gängige Praxis, an männliche Personenbezeichnungen einen Klammerzusatz wie z. B. (m/w/d) anzuhängen, der weibliche und diverse Kandidaten mit einschließt. Dieser macht Ihre gesamte Anzeige rechtssicher, auch wenn Sie im weiteren Verlauf das generische Maskulinum verwenden.

Ebenso rechtssicher, aber etwas aufwendiger ist es, tatsächlich alle Geschlechter anzusprechen, anstatt sie in Klammern abzuhandeln oder nur „mitzumeinen“. Eine oft elegante Möglichkeit stellt der sogenannte Genderstern dar, der neben männlichen und weiblichen auch nichtbinäre Geschlechtsidentitäten zum Ausdruck bringt. Eingefügt wird er bei Personenbezeichnungen zwischen der männlichen Form und der weiblichen Endung, z. B. Mitarbeiter*in, Spezialist*in, Projektleiter*in usw. Allerdings funktioniert der Genderstern nicht bei Wörtern, die eine eigene männliche Endung oder einen separaten weiblichen Wortstamm haben, da sich hier ungrammatische Gebilde wie „Pädagoge*in“, „Anwalt*in“ oder „Arzt*in“ ergeben würden.

In diesen Fällen können Sie beide Wörter ausschreiben (z. B. „als Expertin bzw. Experte“, „Ihre Kolleginnen und Kollegen“). Diese Paarform eignet sich besonders, um explizit das weibliche Geschlecht zu benennen und so Ihre Arbeitgeberwerbung für Frauen attraktiver zu machen. Zu guter Letzt können Sie natürlich auf geschlechtsneutrale Formulierungen ausweichen oder Personenbezeichnungen durch eine direkte Ansprache mit „Sie“ oder „du“ komplett vermeiden. Gendergerechte Sprache wirkt dabei oft gar nicht so künstlich-ungewohnt, wie man denkt – und kann Ihre Texte nicht nur AGG-konform, sondern auch abwechslungsreicher machen:

  • „die Fachkraft“ statt „der Fachmann“
  • „die Koryphäe“ oder „das Ass“ statt „der Experte“
  • „die Führungskraft“ oder „die Führungspersönlichkeit“ statt „der Leiter“
  • „die Ansprechperson“ oder „die Anlaufstelle“ statt „der Ansprechpartner“
  • etc.

Übrigens sind englische Berufsbezeichnungen wie „IT-Consultant“, von denen es nur eine Form gibt, per se geschlechtsneutral.

Stellenbörsenpakete aufrufen

Worst Case: „Wir suchen junge deutsche Pfleger mit christlichen Werten“

Nicht nur beim Geschlecht, bei allen vom AGG geschützten Merkmalen kann man ins Fettnäpfchen treten. Diskriminierungen aufgrund des Alters sind nach dem AGG ebenfalls  nicht zulässig, aber oft unscheinbarer und schwieriger zu vermeiden. Dabei ist vor allem das Wort „jung“ tückisch, weil es ältere Bewerber*innen klar diskriminiert. Dennoch werden Formulierungen wie „junge Talente“, „Young Professional“ oder „für unser junges Team“ teilweise bedenkenlos in Stellenanzeigen veröffentlicht. Außerdem empfiehlt es sich, keine Ober- und Untergrenze der gewünschten Berufserfahrung zu nennen (zum Beispiel „einige Jahre“ statt „2 bis 3 Jahre“), da letzteres auf eine indirekte Benachteiligung schließen lässt.

Auch die Anforderung „Deutsch als Muttersprache“ ist gefährlich, weil sie eine Diskriminierung wegen der ethnischen Herkunft nahelegt. Diese Klippe lässt sich mit Ausdrücken wie „sehr gutes“, „hervorragendes“ oder „verhandlungssicheres“ Deutsch leicht umschiffen. Gut zu wissen: Selbst kirchliche Arbeitgeber dürfen nicht mehr generell eine bestimmte Konfession für all ihre Jobs voraussetzen. Ungleichbehandlungen sind nur gestattet, wenn es die konkrete Stelle verlangt. Zum Beispiel darf eine katholische Schule Lehrkräfte für den Religionsunterricht nach dem Kriterium auswählen, ob sie der katholischen Kirche angehören.

Sogar in Online-Bewerbungsformularen kann man gleich mehrfach gegen das AGG verstoßen. Verzichten Sie beispielsweise darauf, explizit ein Bewerbungsfoto anzufordern oder den Geburtsort als Pflichtfeld abzufragen. Bei einer Absage könnten sich dann zum Beispiel Bewerber*innen mit dunklerer Hautfarbe, Kopftuch oder Migrationshintergrund aufgrund ihrer Rasse, Religion oder Herkunft benachteiligt fühlen. Auch das Geburtsdatum/Alter sollte man nicht angeben müssen. Am besten lassen Sie die Bewerber*innen selbst entscheiden, welche persönlichen Informationen sie Ihnen preisgeben. In Stellenanzeigen können Sie unverfänglich um „aussagekräftige Bewerbungsunterlagen“ bitten.

Eine sehr häufige Formulierung, die Menschen mit Behinderung diskriminieren kann, lautet „Belastbarkeit“. Damit ist meist gemeint, dass Bewerber*innen auch in stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren können – und so oder so ähnlich sollten Sie das dann auch schreiben. Körperliche Fitness darf in klassischen Bürojobs kein Ausschlusskriterium sein, sondern nur bei wirklich anstrengenden Tätigkeiten. Zum Beispiel ist bei Einsatzkräften des SEK die Anforderung „besondere körperliche und geistige Leistungsfähigkeit“ gerechtfertigt. Genauso können manche Beeinträchtigungen die Ausübung bestimmter Berufe unmöglich machen. So müssen LKW-Fahrer*innen etwa über eine Mindestsehstärke verfügen und Menschen mit Farbsehschwäche können nicht Pilot*in werden.

Im Zweifel gilt: Wenn Sie sich nicht sicher sind, ob eine Anforderung der Stelle angemessen ist, sollten Sie lieber auf diese verzichten und stattdessen in Kauf nehmen, dass womöglich ein paar unpassende Bewerbungen eingehen.

Diversity als Chance für Ihr Employer Branding

Mal ehrlich: Wir leben in einer offenen, pluralistischen Gesellschaft. Wer im Deutschland der 2020er Jahre noch ernsthaft einzelne Bewerbergruppen aufgrund von AGG-geschützten Merkmalen diskriminiert, hat schlechte Karten für die Zukunft. Denn um sich im Kampf um die besten Talente behaupten zu können, spielen Vielfalt und Chancengleichheit im Team eine immer größere Rolle. Ihnen und den meisten Personaler*innen ist es wahrscheinlich völlig egal, wie alt die Bewerber*innen sind, woher sie kommen und welchem Geschlecht sie sich zuordnen – Hauptsache, es sind qualifizierte Fachkräfte, die Ihre Unternehmenswerte teilen.

Gleichgültigkeit allein wird auf Dauer aber vermutlich nicht reichen. Vielmehr sollten Sie über die Einhaltung des AGG hinaus die Diversität in Ihrem Unternehmen vorantreiben und nach außen kommunizieren, um sich als attraktiven Arbeitgeber für alle Bewerber*innen zu positionieren. So wirbt der internationale Konsumgüterkonzern Unilever in seinen Stellenangeboten vorbildlich mit dem Hinweis: „Vielfalt ist ein Teil unserer Kultur! Wir freuen uns unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer und sozialer Herkunft, Religion, Weltanschauung, Behinderung, Alter sowie sexueller Orientierung und Identität auf deine Bewerbung.“

Häufig liest man in Stellenausschreibungen auch, dass schwerbehinderte Bewerber*innen bei gleicher Qualifikation bevorzugt eingestellt werden. Oder dass Bewerbungen von Frauen besonders begrüßt werden. Ist das keine Diskriminierung von Männern bzw. Menschen ohne Behinderung? Nein! Denn wenn es um die Förderung strukturell unterrepräsentierter oder benachteiligter Menschen geht, stellt dies keine Diskriminierung dar. Im Gegenteil: Laut AGG sind Ungleichbehandlungen zulässig, wenn durch angemessene Maßnahmen bestehende Nachteile ausgeglichen werden sollen.

Sie sind sich unsicher, ob Sie das Thema Diversity in Ihrer Arbeitgeberkommunikation richtig angehen? Spezialisierte Agenturen beraten Sie gerne, wie Sie Personalmarketing-Maßnahmen AGG-gerecht umsetzen und Vielfalt als Chance für Ihr Employer Branding nutzen.

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