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Bunte Papiergesichter

Quereinstieg als Antwort auf den Fachkräftemangel im Unternehmen?

Von der IT-Sicherheit bis zur Kundenberatung: Es sieht danach aus, als ob die Anzahl offener Stellen in den nächsten Jahren noch drastischer ansteigen wird. Expert:innen fordern bereits seit Langem ein Umdenken am Arbeitsmarkt. Können wir Quereinsteiger:innen in unseren Unternehmen selbst zu Fachkräften machen?

Definition: Was ist ein Quereinstieg?

Unter Quer- oder Seiteneinstieg versteht man in der Regel einen Berufsstart in eine Branche, ohne zuvor den für diesen Beruf üblichen Bildungsweg (etwa eine Ausbildung oder ein Studium) absolviert zu haben.

Wie ist die Lage am Arbeitsmarkt?

Cybersecurity, Energie-, Klima- und Elektrotechnik sowie das Schul- und Sozialwesen sind nur einige der Branchen, in denen es an qualifizierten Fachkräften mangelt. Schon während der Coronakrise forderte zum Beispiel Personalberater Carsten Köppl, dem wachsenden Fachkräftemangel durch Einsatz von Quereinsteiger:innen entgegenzuwirken.

Aktuelle Zahlen der Stepstone Group und der Bertelsmann Stiftung bekräftigen diese Forderung:

Quereinstieg: Zahlen und Fakten

  • Mehr als 80 % der Unternehmen erklären sich bereit, Menschen ohne Berufsabschluss einzustellen.
  • Im Falle eines attraktiven Angebots wären 92 % der Befragten bereit, ihren Arbeitsplatz zu wechseln.
  • 64 % der Befragten denken aktuell mindestens einmal im Monat über eine berufliche Veränderung nach ‒ 11 % mehr als vor drei Jahren.
  • Über die Hälfte der Befragten ist aufgrund von Personalmangel im Unternehmen weniger motiviert.

Eine Auswertung der Google-Suchtrends für Deutschland der letzten Jahre zeigt: Quereinstieg gewinnt als Thema immer mehr an Relevanz.

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Für welche Berufsgruppen eignet sich der Quereinstieg?

Lange Zeit war der Handel in Deutschland ein Refugium für alle, die ihren Beruf hinter sich lassen und „etwas Anderes“ machen wollten. Da der Personalbedarf jedoch in fast allen Branchen ungebremst zunimmt, sind auch Quereinstiege in anderen Berufsfeldern keine Seltenheit mehr. Gerade bei IT-Jobs gelingt der Quereinstieg oftmals durch einen Start als IT-Support- oder Servicedesk-Mitarbeiter:in. Hat man den Fuß erst einmal in der Tür, ist es für Arbeitetnehmer:innen deutlich einfacher, in der Branche Wurzeln zu schlagen.

Laut der Stellenbörse indeed eignen sich – neben Handel und IT – unter anderem folgende Branchen besonders gut für einen Quereinstieg:

  • Gastronomie
  • Medienbranche
  • Online Marketing
  • Immobilienbranche
  • Produktmanagement

Der Nutzen von Quereinsteiger:innen aus Unternehmenssicht

Wenn sich Quereinsteiger:innen in einer Einstiegsposition versuchen, haben Arbeitgeber:innen die Möglichkeit, erste Einblicke in die Motivation und Soft Skills der neuen Mitarbeitenden zu erhalten und sind dadurch eher bereit, weiter in diese zu investieren, etwa in Form von Weiterbildungen. Für Autodidakt:innen, also Personen, die sich Dinge gut selbstständig beibringen können, gibt es in nahezu jeder Branche eine Einstiegsmöglichkeit.

Über (vermeintliche) Unterscheide zwischen Quereinstieg und Ausbildung

Es klingt wie die einfachste und sinnvollste Aussage der Welt: Je länger ich etwas tue, desto besser werde ich darin. Aber bleiben nicht trotzdem Unterschiede zwischen Quereinsteiger:innen und Fachkräften mit abgeschlossener Ausbildung bzw. Uni-Abschluss? Dass es ein Wissensgefälle zwischen Quereinsteiger:innen und ausgelernten Fachkräften gibt, ist nicht der springende Punkt. Die eigentlichen Fragen sind, wie schnell dieser Unterschied überwunden werden kann und welche Auswirkungen diese Kluft tatsächlich mit sich bringt.

Chad Van Iddekinge, Professor für Management und Unternehmertum an der Florida State University, stellte sich genau dieselben Fragen und verglich, gemeinsam mit mehreren Kolleg:innen, im Jahr 2019 mehr als 80 Studien, die sich mit dem Zusammenhang zwischen früherer Berufserfahrung und den Leistungen in einem neuen Unternehmen befassen. Ihr Ergebnis: Es besteht  kein nennenswerter Zusammenhang. Weder die Erfahrung mit Aufgaben noch mit Branchen, die für die aktuelle Tätigkeit relevant sind, führten zu einer nachweisbaren Leistungssteigerung.

 

Laut Professor Van Iddekinge kann einschlägige Vorerfahrung zwar besonders in den ersten drei Monaten für neue Mitarbeitende nützlich sein; dieser Vorteil würde ab der Zweijahres- und nochmals ab der Fünfjahresmarke deutlich abnehmen. Zu einem ähnlichen Schluss kommt auch Dr. Simone Opel, Sprecherin des Beirats für IT-Weiterbildung der Gesellschaft für Informatik:

„Nach etwa fünf Berufsjahren geben sich dann die Wissensunterschiede im ausgeübten Berufszweig zwischen Quereinsteigern und ausgebildeten Informatikern und IT-Fachkräften, wie zum Beispiel Fachinformatikern, meist“.

Vorteile der verstärkten Einstellung von Quereinsteiger:innen für Ihr Unternehmen

Branchenfremd heißt nicht ungelernt: Quereinsteiger:innen können Ihr Unternehmen um Erfahrungswerte und neue Sichtweisen erweitern, die Mitarbeitende mit klassischer Laufbahn überhaupt nicht sammeln konnten. Auch liegt es im Wesen von Quereinsteiger:innen, dass sie oftmals äußerst motiviert sind. Die eigene Branche hinter sich zu lassen und aktiv nach neuen Horizonten zu suchen erfordert Mut und Antrieb.

  • Auch ältere Quereinsteiger:innen können durch ihre jahrelange Erfahrung (sowohl beruflich als auch persönlich) eine Bereicherung für Ihr Unternehmen sein ‒ besonders in stürmischen Zeiten ist eine Person, die gelassen und besonnen mit überraschenden Schwierigkeiten umgeht, eine wertvolle Bereicherung.
     
  • Ausbildungsordnungen und Studiengänge passen sich oftmals nur langsam an neue Trends an. Wenn Sie Synergien in Ihrem Unternehmen selbst initiieren und nicht darauf warten, bis sich das Angebot an die Notwendigkeit angepasst hat, eröffnen sich hier wertvolle Chancen für Sie.

Was sind die Risiken für Ihr Unternehmen?

Die Nachteile eines Quereinstiegs liegen aus Arbeitgebersicht auf der Hand:

  • Durch eine längere Einarbeitungszeit, verstärkte Onboarding-Maßnahmen und eventuelle Fortbildungen beanspruchen Quereinstiege mehr Zeit, da Sie die Kandidat:innen nicht nur in die spezifische Position, sondern auch in Ihre Branche hineinführen.
  • In diesem Zusammenhang steigen auch die Kosten, da Ihre Quereinsteiger:innen meist länger brauchen, um das Level ihrer für diesen Bereich ausgebildeten Kolleg:innen zu erreichen.

Aber: In der Regel spielt der Quereinstieg auch bei Gehaltsverhandlungen eine Rolle. Quereinsteiger:innen starten oftmals mit einem etwas niedrigeren Gehalt und die Kosten einer langfristigen Vakanz dürfte andere Kosten deutlich übersteigen. Auch eine falsche oder unzureichende Einarbeitung kann Risiken bergen ‒ es liegt daher auch an Ihnen, den Übergang in Ihre Branche und Ihr Unternehmen so reibungslos und angenehm wie möglich zu gestalten.

Quereinstieg: Wird es in Zukunft wichtiger, beim Recruiting nach Soft Skills zu suchen?

Deutschland, deine Lebensläufe: Über vieleJahrzehnte herrschte ein sehr konkreter Konsens darüber, wie der perfekte Werdegang auszusehen habe: abgeschlossene Ausbildung oder abgeschlossenes Studium, gefolgt von möglichst viel Berufserfahrung in dem spezifischen Berufsfeld. Wieso auch nicht? Schließlich ist Zeit gleich Erfahrung. Und Zeit ist eine leicht greifbare Messgröße. Geht es um Menschen, die wir in einer, zwei oder gar drei Bewerbungsrunden höchstens in Ansätzen durchdringen können, scheint es sinnvoll, verstärkt auf harte Fakten zu setzen. Lesen Sie zum Thema auch unseren Artikel: 5 Tipps, wie Sie Quereinsteiger:innen rekrutieren.

Doch statt sich allein auf Abschluss und Berufserfahrung zu versteifen, lohnt sich der Blick hinter die Kulissen. Das setzt eine intensivere Auseinandersetzung mit den Kandidat:innen voraus, kann Ihr Team aber wahrhaft bereichern. Zwar können Mut, Leistungsbereitschaft, Kommunikationskompetenzen und Motivation keine Vorkenntnisse ersetzen. Doch wenn nicht nur Ihre Kandidat:innen, sondern auch Sie als Arbeitgeber es mit dem Thema Quereinstieg ernst meinen, dann ist die Vermittlung von berufsspezifischen Fähigkeiten und Kenntnissen in Form eines „Training-on-the-Job" kein Hexenwerk mehr.

Sie interessieren sich für das Thema Quereinstieg?
Wir von Personalwerk unterstützen Sie gerne bei allen Anliegen ‒ sei es bei Karriereseiten, die Quereinsteiger:innen und Branchenexpert:innen gleichermaßen ansprechen, bei der Formulierung maßgeschneiderter Stellenanzeigen oder in der Entwicklung einer inklusiven Employer Brand.

Autor: Max Schäfer

Quellen:

Bertelsmann Stiftung: „Über Teilqualifikationen erfolgreich in den Beruf“, Juli 2020.

Harvard Business Review, Alison Beard: “Experience Doesn’t Predict a New Hire’s Success”, September-Oktober 2019.

Indeed.com, Indeed Editorial Team:„Quereinstieg: Was ist das und welche Jobs eignen sich gut dafür?“, aktual. September 2023.

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Carsten Köppl: „Fachkräftemangel durch Quereinsteiger abfedern“, September 2020.

Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Michaela Paefgen-Laß: „Sind Quereinsteiger die wahren Spezialisten?“, März 2022.

The Stepstone Group GmbH, Tobias Henin: “Der Wandel am Arbeitsmarkt ist da” – Neue Studie von The Stepstone Group untersucht Zukunftsperspektiven“, September 2023.

The Stepstone Group GmbH: „Neuer Höchststand: Rund zwei Drittel denken regelmäßig an Jobwechsel“, August 2023.

Blidnachweis: wildpixel

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